Die pädagogische Haltung „Der Andere Umgang“ entstand zeitgleich mit den ersten Kindergruppen vor mehr als 35 Jahren. Er beruht auf Partnerschaft und Gleichwürdigkeit von Kindern und Erwachsenen. Wichtige Bestandteile sind Geschlechtssensibilität und Inklusion.
In der Praxis bedeutet das:
- Recht der Kinder auf Mitbestimmung und Gestaltung ihres Umfeldes und Tagesablaufs
- Bereitschaft der Erwachsenen, ihre Fähigkeiten den Kindern unterstützend zur Verfügung zu stellen
- Freiheit von Hierarchie im BetreuerInnenteam
- Partnerschaftlicher Umgang zwischen Eltern und
- Betreuungspersonen auch in der Rolle der ArbeitgeberInnen und -nehmerInnen.
„Der Andere Umgang“
von Dr. Christine Mechler-Schönach
(…) Es geht um das lebendig-wache Kind, das in der Kindergruppe die Chance haben soll, all seine potentiellen Fähigkeiten lebendig werden zu lassen und zu entfalten, unabhängig davon, ob es Mädchen oder Bub ist. Das wird möglich durch aktives Tun, Spielen, Ausprobieren von Seiten der Kinder und nicht durch passive Anpassung an irgendwelche Erwachsenennormen und Erwachsenen-Wünsche. Das heißt für den Kindergruppen Alltag, Kindern möglichst viel SPIEL-RAUM zur Verfügung zu stellen, und zwar äußeren – wirklichen – Raum für eigene Gestaltung und Vorlieben – wie auch inneren SPIELRAUM in Form von Zulassen-Können von unterschiedlichen Arten zu leben, zu lernen, zu sein. Das verlangt von den betreuenden Erwachsenen in erster Linie ein AUFMERKSAMES WAHRNEHMEN der Wünsche und spielerischen (Lern-)Bedürfnisse der Kinder. Solche sind zuhauf vorhanden, es gilt, sie möglichst vorurteilsfrei zu beobachten und damit zu beACHTEN, die wilden wie die zarten, die lauten wie die leisen, und die Kinder GLEICHBERECHTIGT zu behandeln …
(…) Ein offener Lern- und SpielFREIraum, sowie das unbedingte Vertrauen darauf, dass Kinder von sich aus neugierig sind und Lust haben auf ein aktives, erforschendes Lernen und Leben sind weitere Bedingungen für einen ANDEREN UMGANG. Das bedeutet auch, dass der Alltag in der Kindergruppe als sich entwickelnder Prozess und nicht nur unter der Perspektive des Gierens nach „Produkten“ gesehen wird.
(…) Ein Blick auf die Geschichte der Kindergruppenbewegung und auf alternativ-pädagogische Bewegungen (z.B. Reggio-, Wild-, Freinet-, Montessori-, Waldorf-Pädagogik) zeigen – wenn auch auf unterschiedlichste Art und Weise – , dass Ziele wie Eingehen auf individuelle Wünsche, Selbsttätigkeit, Selbstbestimmung des Lernens und der Bedürfnisse nicht unerfüllbare Ziele am Papier, sondern ganz konkret gelebte Praxis sein können.“
Auszug aus: frische böe Nr. 78, 2011